Blicken wir doch mal in mein erstes offizielles Flugbuch der Gesellschaft für Sport und Technik (GST):

Das Flugbuch war universell: für Anfänger das gleiche wie für Lizenzinhaber. Hier wurde die Tauglichkeit, die Theorie, die Arbeitsstunden, Belehrungen, Prüfungen und natürlich auch Flüge dokumentiert. Was der Designer des Flugbuches nicht voraussah, war der Umstand, dass man Segelflugzeuge zur Republikflucht, so nannte man das Übertreten der Staatsgrenze WEST, nutzen konnte. Einige taten das und einen kenne ich sogar, doch zu dem kommen wir später… Jedenfalls gab es Mistrauen zwischen der Diktatur des Proletariats und ihren fliegenden Töchtern und Söhnen. Das führte zu einer weiteren jährlichen Eintragung ins Flugbuch: der sogenannte Kaderbestätigung. In diesem Flugbuch sind diese Eintragungen noch vom Kreisvorstand der Gesellschaft für Sport und Technik vorgenommen worden. Nach dem Militärputsch innerhalb der GST, wurden dann für jeden Flugplatz Kadermiezen (meist weibliche Verantwortliche für Kader des fliegenden Personals – oder so ähnlich) eingestellt.
Als das Flugbuch ausgestellt wurde, war jedenfalls die Welt des Fliegens hinter dem eisernen Vorhang (der uns aus luftiger Höhe sehr durchsichtig erschien) in jeder Beziehung in Ordnung: wir hatten mehrere Schuldoppelsitzer, Einsitzer und eine Schleppmaschine, Halle, Unterkunft, Werkstatt, Autos, einen riesigen Tankwagen voll mit Flugbenzin, einen Turm, Fallschirme, ein Funkgerät, einen Fernschreiber; alles nagelneu und bezahlt vom Arbeiter- und Bauernstaat.


Mein Flug Nummer 59 war mein erster Alleinflug. Der Flugplatz Goldlauter ist wie ein Flugzeugträger; es gibt kein davor oder danach, man muss treffen. Typisch, so auch bei mir, die Nachlässigkeiten nach dem ersten Solo. Beide Landungen mit der Bewertung zk 4 (zu kurz; Note 4) waren 10 Meter vor dem Lande-T aufgesetzt. Die Bewertungszeichen sind für Start, Programm und Landung, die Noten von 1 bis zur 5.



Unter dem Motto: „diese Erfahrung ist mit Blut geschrieben“ nahm das Gesetzes- und Vorschriftenwerk des Segelfluges flugverhindernde Formen an. Die Pannen nannte man Vorkommnisse und teilte diese entsprechen in Kategorien ein, die bestimmte Meldepflichten nach sich zogen. Dann wurden die Untersuchungsergebnisse von Unfällen auf diese Art allen Fliegern mitgeteilt. Mehr und mehr handelte es sich jedoch nur noch um neue Einschränkungen und Sicherheitsmaßnahmen. Die ZÜP von heute ist dagegen ein Lacher.